Bleifreie Munition

Blei im Fokus, Herbsttagung 2015

Das Thema „Blei“ beschäftigt die Jäger

Blei im Rehrücken oder im Hirschpfeffer? Der Einsatz bleihaltiger Munition auf der Jagd ist ins Gerede gekommen. Das Thema „Blei“ hat denn auch im Mittelpunkt der traditionellen Herbsttagung vom Mittwoch, 23. September 2015 der Aargauer Jäger gestanden. (Louis Probst)

„Blei in der Umwelt und im Wildbret und Blei als Ursache für ein Vogelsterben: Das Thema Blei ist publikumsrelevant“, stellte Rainer Klöti, der Präsident des Aargauischen Jagdschutzvereins (AJV), an der Herbsttagung fest. „Die Diskussion ist gestartet. Ob uns das nun passt oder nicht.“ Er betonte aber auch: „Die Belastung der Umwelt mit Blei ist nie und nimmer eine Folge der jagdlichen Tätigkeit.“

Definitiv ins Gerede gekommen ist das Blei - genauer die Verwendung bleihaltiger Munition auf der Jagd und ihre Folgen - vor allem durch einen Beitrag des Schweizer Fernsehens über die Bleibelastung  von Wildbret. Gemäss dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) stellt Wildfleisch für den Durchschnittskonsumenten zwar kein Gesundheitsrisiko dar. Das BLV empfiehlt aber, dass Kinder bis zum siebten Lebensjahr, Stillende, Schwangere und Frauen, die noch Kinder bekommen möchten, möglichst auf Wild, das mit Bleimunition erlegt worden ist, verzichten sollten. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) geht etwas weniger weit. Es empfiehlt, „während einer Schwangerschaft weniger als zwei Portionen Wildfleisch pro Woche“ zu essen.

„Bleifreie Ernährung ist nicht möglich“

„Der Mensch braucht das Blei nicht - aber er nimmt es täglich auf“, stellte an der Herbsttagung Sergio Stocker (Schaffhausen), Facharzt für Kindererkrankungen und selber Jäger, in seinem Referat  „Blei im Wildpret – macht das krank?“ fest. „Blei kann theoretisch krank machen“, räumte er ein. „Aber eine bleifreie Ernährung ist nicht möglich. Kinder beispielsweise nehmen – über Gemüse und Fruchtsäfte – täglich Blei auf.“

Stocker verwies aber auch auf Untersuchungen aus Deutschland, die zeigen, dass im Fleisch von Wild, das mit Bleimunition erlegt wurde, der Bleigehalt deutlich grösser ist als bei Wild, das mit bleifreier Munition geschossen wurde. „Wildbret ist und bleibt  ein hochwertiges Nahrungsmittel – ohne Antibiotika und Hormone“, betonte er. „Eigentlich spielt es keine Rolle durch welche Munition das Wild zu Tode gekommen ist. Die Empfehlung des BLV ist völlig undifferenziert. Aber Blei ist ein Umweltgift. Seine Verwendung sollte daher reduziert werden, weil andere Lebewesen am Blei sterben können. Ich schiesse daher bleifrei.“

Nichts spricht gegen „bleifrei“

Bleifreie Munition also als eleganter Ausweg? So einfach scheint es allerdings nicht zu sein. Im letzten Jahr hatte der AJV seine Mitglieder zu ihrem Verhalten bei der Verwendung bleifreier Munition ausserhalb der Wasservogeljagd befragt. (Bei der Jagd auf Wasservögel darf kein bleihaltiger Schrot verwendet werden.)  Immerhin 37 Prozent der Antwortenden gaben an,  bleifreie Kugelmunition zu verwenden. 18 Prozent erklärten, dass sie auf der Bewegungsjagd bleifreien Schrot verwenden würden. In den Kommentaren wurde festgehalten, dass bleifreie Munition in Hinsicht auf die Wildprethygiene eine gute Sache sei. Zweifel dagegen wurden an der Wirksamkeit der bleifreien Munition geäussert.

Mit diesem Aspekt befasste sich an der Herbsttagung der international bekannte Forensiker, Ballistiker und Munitionsexperte Beat Kneubühl (Thun). Er zeigte auf, dass bleifreie Munition bei gleicher Mündungsenergie in Bezug auf die Reichweite klare Nachteile gegenüber bleihaltiger Munition aufweist, und dass die Stabilität der bleifreien Geschosse geringer ist.  „Die gleiche Wirksamkeit, wie sie Bleigeschosse aufweisen, ist auch mit bleifreier Munition machbar“, betonte Beat Kneubühl. „Waffe und Munition bilden aber ein System. Es spricht nichts gegen Bleifreiheit. Aber man kann nicht uneingeschränkt bleifreie Munition für Waffen verwenden, die für Bleigeschosse konstruiert worden sind.“